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Rüstungsaktien auf dem Vormarsch

Benjamin Feingold, Feingold Research

Die massive Erhöhung der Ausgaben für Sicherheit und Verteidigung beflügelt die Branche. Wie Anleger mit Derivaten auf Rheinmetall, Renk und Hensoldt setzen können.

Fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Sicherheit und Rüstung ziehen Milliarden nach sich. Was jüngst beim NATO-Gipfel versprochen wurde, erfreut Anleger von Rheinmetall bis Hensoldt. Die UBS sieht für Rheinmetall bereits ein Kursziel von 2.200 Euro, das von der italienischen Investmentbank Mediobanca mit 2.250 Euro unmittelbar nach dem Gipfel direkt getoppt wurde. Bei UBS wäre es vermutlich noch etwas mehr, würde man nicht einen Risikoaspekt anführen. Die EU denkt Gerüchten zufolge darüber nach, hohe Gewinne der Rüstungskonzerne im Zuge des massiven Anstiegs der Rüstungsausgaben zu verhindern. „Solche Steuern könnten aber kontraproduktiv mit Blick auf einen deutlichen Ausbau der europäischen Rüstungsproduktion sein“, so die UBS. Zudem würden solche Steuerpläne im Moment auch kaum auf breite politische Unterstützung treffen.

Der Weg des Geldes

Kompliziert ist es dennoch mit Rüstungsaktien, denn die Charts zeigen, dass Steuergeld quasi auf direktem Weg zu Investoren gelangt. Nahezu linear verhalten sich die Zusammenhänge zwischen Rüstungsausgaben und ebensolchen Plänen mit den Kursverläufen bei Rheinmetall und seinen Mitbewerbern. Dies erinnert an die Corona-Zeit, als jede Wasserstandsmeldung zu Impfstoffen die Kurse bei BioNTech steigen ließ. Rüstung schlägt dabei sogar die zwei Buchstaben, welche die Börsen international 2025 beflügeln wie einst das Internet in den Neunzigern: KI. Wer dies im Analysten-Call gegenwärtig nicht wenigstens erwähnt, gilt als gestrig. Wer in einem Fonds aber Rüstungstitel vermissen lässt, der wirkt, als hätte er den Zug verpasst.

Die zweite Reihe geht mit

Selbst Konzerne mit überschaubarem Militärbezug wie Deutz oder ThyssenKrupp haben sich kursseitig vervielfacht, während Rheinmetall mittlerweile schwerer wiegt als Commerzbank und Mercedes-Benz zusammen. Seit Beginn des Ukraine-Kriegs legte die Aktie um rund 2.000 Prozent zu – allerdings mit schmerzhaften Zwischenstopps von bis zu 40 Prozent Korrektur. Volatilität bleibt Trumpf. Rüstung vereint derzeit alles, was Anleger lieben: viel Geld, politische Rückendeckung und eine fast makellose Wachstumsstory. Die jüngste massive Erhöhung der Ausgaben auf fünf Prozent des BIP war eine geopolitische Charmeoffensive in Richtung Trump, verbunden mit der Hoffnung, bei den US-Zollplänen glimpflich davonzukommen. Fraglich ist nur, wie viele EU-Länder solche Pläne mit Blick auf ihre Haushaltslage stemmen können. Dieses Problem taucht dann bei den Verschuldungsquoten wieder auf.

Planungssicherheit ist alles

Dennoch: Staatsaufträge bedeuten Planungssicherheit, Konjunkturunabhängigkeit und – an der Börse besonders geschätzt – gute Visibilität. Die Rüstungsanteile bei Firmen sind dagegen unterschiedlich. So macht die Rüstungs- und Raumfahrtsparte bei Airbus im vergangenen Jahr rund 17 Prozent des Gesamtumsatzes aus. Beim Triebwerkhersteller MTU liegt die Quote unter zehn Prozent. Leonardo und BAE Systems sind stark auf Nordamerika fokussiert – wenig überraschend, dass die Kursrally hier deutlich zahmer verlief. Vor diesem Hintergrund sind auch die wesentlich niedrigeren Bewertungen der beiden Konzerne nicht so überraschend.

Die Platzhirsche

Zu den beliebtesten Aktien gehören zwei Titel aus dem MDAX: Renk und Hensoldt. Die eine Aktie liegt bei plus 350 Prozent, die andere fast 200 Prozent seit Jahresbeginn. Doch wie stabil ist das Fundament? Bei Renk stammt nur rund zwei Drittel des Umsatzes aus Rüstung, der Europa-Anteil ist kaum höher als 50 Prozent. Hensoldt dagegen ist ein fast lupenreiner Militärwert mit europäischem Fokus – ein klarer Pluspunkt. Aber: Die Aktie notiert auf Rekordniveau, gut doppelt so hoch wie ihr 200-Tage-Durchschnitt. Historisch gesehen waren solche Phasen stets Vorboten schmerzhafter Rücksetzer. Mehrfach fiel der Titel in den vergangenen Jahren um rund 40 Prozent. Der Sommer könnte bei Rüstung vielversprechend, aber auch zwischendurch richtig volatil werden.

Gehebelt profitieren

Risikobereite Anleger, die Rüstungsaktien weiteres Potenzial zutrauen, können mit Hebelprodukten überproportional von Kursgewinnen profitieren. Mit Call- oder Long-Scheinen setzen Anleger auf steigende Kurse.

Das Prinzip der Call-Scheine

Angenommen, der Hebel eines Call-Scheins liegt bei 4: Steigt die unterlegte Aktie zum Beispiel um 1 Prozent, erhöht sich der Wert des Scheins um 4 Prozent. Der Hebel wirkt aber auch in die andere Richtung: Verliert die unterlegte Aktie an Wert, sinkt der Wert des Scheins entsprechend dem Hebel.

Turboschein auf Hensoldt

Ein Beispiel ist der Open End-Turbo-Schein (Call) von HSBC auf die Aktie von Hensoldt (WKN: HT5B1B), der einen Hebel von 4 hat. Wichtig ist bei diesem Produkt die Knock-out-Barriere von rund 79 Euro: Berührt oder unterschreitet die Hensoldt-Aktie diese Marke, verfällt der Schein und es kommt zum Totalverlust des Einsatzkapitals. Aktuell notiert Hensoldt bei rund 104 Euro.

Optionsschein auf Renk

Wer Hebelpapiere ohne Knock-out-Schwelle bevorzugt, kann stattdessen mit Optionsscheinen agieren. Sie haben eine begrenzte Laufzeit. Für Call-Scheine gilt: Sollte bei Fälligkeit der Basispreis auf oder unter dem Kurs des Referenzwerts liegen, entsteht ein Totalverlust. Der Call-Optionsschein von UniCredit auf Renk (WKN: UG6CTN) läuft bis zum 18.03.2026 und hat einen Hebel (Omega) von 2,5. Der Basispreis liegt bei 60 Euro. Aktuell notiert Renk bei 71 Euro. Ab einem Aktienkurs von rund 81 Euro gelangen Anleger in die Gewinnzone.

Optionsschein auf Rheinmetall

Der Call-Optionsschein von Goldman Sachs auf Rheinmetall (WKN: GV7LSQ) läuft bis zum 19.06.2026 und hat einen Hebel (Omega) von 4. Der Basispreis beträgt 2.300 Euro. Aktuell notiert Rheinmetall bei rund 1.840 Euro. Anleger kommen in die Gewinnzone, wenn die Aktie den Kurs von 2.460 Euro überschreitet.

Benjamin Feingold

Benjamin Feingold ist Mit-Gründer von Feingold Research. Feingold bringt als langjähriger Redakteur beim Börsenmagazin “Börse Online” und der Wirtschaftszeitung “Financial Times” mehr als 20 Jahre Börsenerfahrung  mit. Er ist in zahlreichen Medien als Experte gefragt. Er ist außerdem mit Robert Lang Autor von “Handeln mit Futures und Optionen”.