Märkte Aktien Zertifikate
Das Comeback des Greenback?
Benjamin Feingold, Feingold Research
Einiges spricht dafür, dass der Wert des Dollar nach langer Durststrecke wieder zulegt. Anleger können mit Hebelpapieren auf dieses Szenario setzen.
Das war die ganze Aufregung also wert? Die Europäische Union (EU) einigt sich mit US-Präsident Donald Trump auf Zölle in Höhe von 15 Prozent. Honoriert wurde dies mit einem DAX am Montag nach der Einigung auf einem Level von 24.550 Zählern. Aber war nicht eine Zoll-Androhung von 20 Prozent im Frühjahr Auslöser für einen richtig satten kleinen Crash? So ganz passt es nicht zusammen und deshalb hilft ein Blick auf die Zahlen 2025. Denn per Saldo Ende Juli zeigen sich die Kapitalmärkte 2025 in Hochform – oder in Aufruhr, je nachdem, wann und wo man hinschaute. Zwischen geopolitischen Spielzügen à la Trump und einer erneut entflammten Zollrhetorik war die erste Jahreshälfte alles andere als langweilig. Besonders deutlich wurde das am US-Dollar, der sich nicht etwa festigte, sondern spektakulär ins Abseits manövrierte: Gegenüber dem Euro rutschte der Greenback auf den tiefsten Stand seit dreieinhalb Jahren. Es war auch schwächste Halbjahr des US-Dollar seit Jahrzehnten.
Währungshandel (FX-Trading) als Königsdisziplin
Privatanleger kümmern sich selten um Wechselkurse. Zu komplex, zu weit weg vom Tagesgeschäft. Das bleibt meist den globalen Portfoliomanagern mit ihren Absicherungsstrategien überlassen. Doch 2025 zeigte eindrucksvoll: Wer die Devise nicht kennt, zahlt drauf. In lokaler Währung sieht die Zwischenbilanz zwar glänzend aus: Der DAX legte über 20 Prozent zu, das beste erste Halbjahr seit 2007. Auch im Vergleich zum Euro Stoxx 50 mit plus acht Prozent oder den US-Indizes mit Gewinnen von vier bis sechs Prozent ein starkes Ergebnis.
Der Euro kletterte seit Februar um satte 15 Prozent auf 1,18 Dollar – ein Niveau, das zuletzt 2021 aufgerufen wurde. Die Folge: Die Gewinne in Dow, S&P & Co. verpufften im Umrechnungskurs. Statt Rendite blieb ein Minus von bis zu zehn Prozent. Umgekehrt sieht’s aber für US-Anleger rosig aus: Der DAX hat sich aus Dollar-Perspektive mit satten 30 Prozent verteuert. Für US-Investoren ist das ein Geschenk, das man nicht alle Tage bekommt.
Dollar dreht sehr langsam
Devisenmärkte können verglichen werden mit Tankern auf hoher See: Richtungswechsel sind selten, aber dafür nachhaltig. Einen vergleichbaren Schub beim Währungspaar EUR/USD gab es in den vergangenen 15 Jahren nur etwa dreimal. Auf solche Phasen folgten meist Verschnaufpausen oder Rücksetzer. Aktuell handelt das Währungspaar zudem rund sieben Prozent über dem 200-Tage-Durchschnitt: Aus technischer Sicht ist dies sportlich und das Markt-Sentiment überhitzt. In Sachen Zinssenkung ist man in den USA zunehmend unentschieden.
Weltweit Gegengewichte
Fundamental stehen sich zwei Kräfte gegenüber: Auf der einen Seite der Dollar, gestützt durch hohe US-Zinsen, die aber aufgrund der strammen US-Verschuldung immer mehr zum Problem werden. Auf der anderen Seite der politische Druck aus Washington: Die Regierung wünscht sich einen schwachen Dollar, um die Exportwirtschaft anzukurbeln. Präsident Trump lässt daran kaum Zweifel, auch wenn er damit die Unabhängigkeit der Notenbank testet und sich jüngst sogar an der Renovierung des Notenbankgebäudes austobte.
Steht der Dollar vor einem Comeback?
Die Argumente für einen stärkeren Dollar sind bekannt und größtenteils eingepreist. Neue Impulse wären nötig, um die Euro-Rally weiter zu befeuern. Doch der Markt tut selten das Erwartbare. Gerade weil nun alle auf eine Euro-Rally setzen, könnte die Gegenbewegung bevorstehen. Der Dollar als Comeback-Kandidat? Nicht ausgeschlossen. Die Reaktionen nach dem Zoll-Deal mit der EU waren interessant. Einer ersten starken Reaktion des Euro kamen Gewinnmitnahmen bei der Währung entgegen. Auch deshalb, weil recht zügig erste Firmen aus Deutschland und Frankreich Bedenken hinsichtlich der Zoll-Einigung anmeldeten. Diese Gemengelage könnte dazu führen, dass im September nach der laufenden Quartalssaison Investoren über die Bewertung der Aktienmärkte nachdenken und sie einordnen – nämlich nach unten.
Mit Hebelprodukten auf den Dollar setzen
Spekulative Anleger, die davon ausgehen, dass sich der Dollar in den kommenden Tagen und Wochen gegenüber anderen Leitwährungen wie Euro oder japanischen Yen besser entwickelt, können mit Hebelprodukten auf dieses Szenario setzen.
Bei Open End Turbo-Scheinen setzen Anleger mit einem Call auf den Wertzuwachs der erstgenannten Währung. Mit einem Put setzen sie hingegen auf die Wertminderung der erstgenannten Währung. Das heißt zugleich, dass sie mit dem Put auf die bessere Entwicklung des zweiten Währungspaars spekulieren.
Szenario: Dollar steigt gegenüber dem Euro
Ein Beispiel ist der Put-Turbo-Schein von HSBC auf EUR/USD (WKN: TB1GUZ), der einen Hebel von 5 hat. Gewinnt also der Dollar gegenüber dem Euro zum Beispiel 1 Prozent an Wert, legt der Kurs des Turbos um 5 Prozent zu. Der Hebel wirkt aber auch in die andere Richtung: Erfüllt sich die Markterwartung nicht, verliert der Schein entsprechend überproportional an Wert. Wichtig ist zudem die Knock-out-Barriere, die hier bei 1,3988 Dollar liegt. Sollte der Euro künftig diese Marke erreichen oder überschreiten, ist der gesamte Kapitaleinsatz verloren. Jüngst stand der Euro-Dollar-Kurs bei 1,1661 USD. Das heißt: 1 Euro = 1,1661 Dollar. Bei dem Investment gilt: Je besser sich der Dollar gegenüber dem Euro entwickelt, desto mehr legt der Kurs des Wertpapiers zu. Umgekehrt verliert der Schein entsprechend an Wert, wenn der Euro gegenüber dem Dollar zulegen sollte.
Anleger können ihr Risiko reduzieren, indem sie Turbos mit kleinerem Hebel wählen. So hat der Turbo Short-Schein auf EUR/USD von Goldman Sachs (WKN: GV53XN) einen Hebel von 2,08. Hierbei nehmen Anleger also in etwa mit doppelter Stärke an Kursgewinnen oder Kursverlusten teil. Da dieses Papier mit einem kleinen Hebel ausgestattet ist, ist bis zu der K.o.-Schwelle von 1,7271 Dollar noch deutlich mehr Luft als bei dem oben genannten Hebelpapier.
Szenario: Yen steigt gegenüber dem Euro
Natürlich können Anleger mit Hebelprodukten auch auf andere Währungspaare setzen. Ein Beispiel dafür ist der Turbo-Bear-Schein der UniCredit auf das Währungspaar Euro/Japanischer Yen (WKN: UG7BYJ), der einen Hebel von 6,5 hat. Hier profitieren Anleger, wenn der Yen gegenüber dem Euro zulegt beziehungsweise wenn der Euro gegenüber dem Yen verliert. Jüngst lautete das Verhältnis: 1 Euro = 171,77 Yen. Die K.o.-Barriere liegt bei diesem Produkt bei 198,22 Yen.
Benjamin Feingold
Benjamin Feingold ist Mit-Gründer von Feingold Research. Feingold bringt als langjähriger Redakteur beim Börsenmagazin “Börse Online” und der Wirtschaftszeitung “Financial Times” mehr als 20 Jahre Börsenerfahrung mit. Er ist in zahlreichen Medien als Experte gefragt. Er ist außerdem mit Robert Lang Autor von “Handeln mit Futures und Optionen”.