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Donald Trump schiebt europäischen Aktienmarkt an

Benjamin Feingold, Feingold Research

Der Mai ist vorbei und so mancher Anleger hat die Börsenweisheit „Sell in May and go away – but remember to come back in September“, befolgt. Erst im September wieder in Aktien zu investieren, könnte aber keine gute Idee sein. Dies gilt insbesondere für den europäischen Aktienmarkt. Denn der US-Präsident hat europäische Titel zuletzt wieder richtig sexy gemacht.

Adidas hat Nike zumindest was die Aktienperformance betrifft hinter sich gelassen / Bild: Adidas

Wie Anleger mit Hebelprodukten und Anlagezertifikaten davon profitieren können

Beim Blick auf die App-Liste eines Smartphones fühlt es sich bei vielen Nutzern noch nicht nach einer europäischen oder deutschen Zeitenwende an. Airbnb, Booking.com, Amazon, Netflix, Google, Uber, Paypal und YouTube dürften bei sehr vielen Lesern auf der Smartphone-Oberfläche präsent sein. Made in Germany sind die Angebote eher nicht, sondern vielmehr born in the USA. Trotzdem scheint sich unter Investoren etwas zu ändern. Denn was wie das Comeback eines alternden Boxchampions klingt, ist tatsächlich ein Ereignis, das die Finanzmärkte seit Monaten elektrisiert: Europas Aktienmärkte lassen die lange dominierenden US-Börsen deutlich hinter sich – und das nicht leise, sondern mit Abstand.

Der EuroStoxx 50 (Aktien Eurozone) lag die vergangenen sechs Monaten mit 9,5 Prozent im Plus. Der S&P 500 (Aktien USA) hingegen verbuchte in der gleichen Zeit ein Minus von 0,4 Prozent. Erfahrene Börsianer fühlen sich an die Jahrtausendwende erinnert, als Europas Aktienmärkte Ende 1999 kräftig zulegten und die Wall Street ins Hintertreffen geriet. Damals galten AOL (als Inbegriff der Moderne) und Yahoo (als Zukunftshoffnung) – Zeiten, die zeigen, wie schnell sich Dominanzen verschieben können.

Der Anfang vom Ende der amerikanischen Unfehlbarkeit

Dass US-Aktien irgendwann in Schwierigkeiten geraten würden, war absehbar. Seit 2014 hatten sie dank Tech-Euphorie eine fast ununterbrochene Hausse erlebt und dabei immense Erwartungen eingepreist. Mit Donald Trump als US-Präsident, der wie ein unberechenbarer Überraschungsgast das politische Parkett betrat, endete die Phase relativer Marktstabilität abrupt. Niemand brauchte eine Glaskugel, um zu erkennen, dass Trumps erratische Politik die Volatilität an den Märkten erhöhen würde. Was seine Regierung zusammen mit schillernden Persönlichkeiten wie Elon Musk anrichtet, gleicht aber eher einem chaotischen Start-up als einer durchdachten Wirtschaftspolitik. Das Vertrauen in die politische Verlässlichkeit der USA, ein jahrzehntelanges Fundament der Weltwirtschaft, erleidet nachhaltige Schäden. Abzulesen ist dies am internationalen Währungsmarkt. Währungspaare verhalten sich eigentlich wie Tanker – behäbig und langsam im Dreh. Der abrupte Anstieg von Euro oder Franken zum US-Dollar ist daher so bemerkenswert wie selten. Das Vertrauen in die Amerikaner sinkt.

Europa? Der Underdog mit neuem Rückenwind

Unterdessen bewiesen Europas Unternehmen Schlagkraft: Adidas ließ Nike in puncto Börsenentwicklung hinter sich, SAP setzte die KI-Revolution strategisch und gewinnbringend um. Deutsche Blue Chips, lange als schwerfällig verschrien, wandelten sich dynamisch. Auch Bankaktien wie Deutsche Bank, Santander oder BNP Paribas liegen geschlossen am oder nahe den 10-Jahreshochs. Noch vor fünf Jahren wollte kaum jemand diese Titel anpacken. Siemens Energy etwa vervielfachte seinen Kurs binnen weniger Jahre um über 1.000 Prozent, Rheinmetall legte allein seit Jahresbeginn um mehr als 100 Prozent zu – beeindruckende Zeichen neuer Stärke.

Die neue Stabilität des EuroStoxx 50

Ein wesentlicher Vorteil Europas ist die breitere Aufstellung seiner Leitindizes. Während in den USA der Technologiesektor die Indizes dominiert – eine Stärke in Boomzeiten, aber ein Risiko in unsicheren Phasen –, sind Europas Märkte diversifizierter. Im EuroStoxx 50 etwa tragen Finanzen, Industrie, Konsum und Technologie jeweils rund 20 Prozent zur Indexgewichtung bei. Dieses Gleichgewicht bietet mehr Stabilität in turbulenten Zeiten.

Performancevergleich

Schaut man sich die letzten zehn Jahre an, so sieht man aber auch, dass Europa bisher nur einen dicken Rückstand wettmacht. In den vergangenen zehn Jahren ließ sich mit einer Investition in den S&P 500 eine stolze Wertsteigerung erzielen: Aus 50.000 Euro wurden etwa 150.000 Euro. Im EuroStoxx 50 hingegen waren es rund 90.000 Euro. Doch Märkte übertreiben in beide Richtungen – und kehren am Ende zum Gleichgewicht zurück. Donald Trump hat die Europäer aus dem komatösen Tiefschlaf geholt und war sowohl Auslöser als auch Grund für eine Neubewertung.

Optionsschein auf den EuroStoxx 50

Anleger, die davon ausgehen, dass der europäische Leitindex in diesem Jahr weiter an Boden gutmacht, können gehebelt auf dieses Szenario setzen. Beispielsweise mit Call-Optionsscheinen. Diese Papiere haben eine begrenzte Laufzeit. Sollte bei Fälligkeit der Basispreis auf oder unter dem Kurs des Referenzwerts liegen, entsteht ein Totalverlust. Der Call-Optionsschein von UniCredit auf den EuroStoxx 50 läuft bis zum 19.12.2025 und hat einen Hebel von rund 5. Der Basispreis liegt bei 4.500 Punkten. Anleger können Optionsscheine auch schon vor dem Ende der Laufzeit verkaufen. Etwa um Gewinne zu realisieren oder Verluste zu begrenzen.

Aktienanleihe auf Adidas

Sicherheitsorientierte Anleger, die Adidas moderates Aufwärtspotenzial zutrauen und Kursrücksetzer nicht ausschließen, können ihre Marktmeinung mit entsprechenden Aktienanleihen umsetzen. Ein Beispiel ist die Aktienanleihe vom HSBC auf Adidas, die bis zum 16.01.2026 läuft. Der jährliche Kupon beträgt 5,5 Prozent, bezogen auf den Nominalwert. Ob man neben den Zinsen den Nominalbetrag der Papiere am Laufzeitende vollständig zurückerhält, hängt vom Kursverlauf der unterlegten Aktie ab. Sollte diese am Ende unter dem vorab festgelegten Basispreis der Aktienanleihe fallen, kommt es zu Verlusten, wenn der in jedem Fall ausgezahlte Zins den Kursverlust nicht kompensieren kann. Zu unserem obigen Aktienanleihen-Beispiel: Aktuell steht die Adidas-Aktie bei rund 212 Euro, der Basispreis der Aktienanleihe liegt bei 180 Euro. Das heißt: Notiert die Aktie der Deutschen Bank Mitte Januar 2026 auf oder über 180 Euro, erhalten Anleger den Nennbetrag zurück. Plus der Verzinsung ergäbe sich eine jährliche Rendite von 7,4 Prozent.

Discount-Zertifikat auf die Deutsche Bank

Eine ähnliche Anlagevariante wie Aktienanleihen sind Discount-Zertifikate. Die Teilschutz-Papiere ermöglichen den Einstieg in eine Aktie (oder einen Index) mit Rabatt. Das Zertifikat ist also günstiger als der Referenzwert. Anleger können im Gegenzug nur bis zum Cap an Gewinnen partizipieren. Sollte die unterlegte Aktie am Laufzeitende unter dem Cap notieren, orientiert sich die Rückzahlung am Aktienkurs. Liegt dieser dann unter dem Kaufpreis des Zertifikats, kommt es zu Verlusten.

Als Beispiel dient hier ein Discount-Zertifikat von Goldman Sachs auf die Aktie der Deutschen Bank. Das Papier läuft bis zum 19. 03.2026, der Cap liegt bei 20 Euro. Aktuell kostet der Discounter rund 24 Prozent weniger als die unterlegte Aktie. Die maximal mögliche jährliche Rendite beträgt rund 9 Prozent des Kapitaleinsatzes. Diese erzielen Anleger, wenn der unterlegte Index zum Laufzeitende auf oder über 20 Euro notiert. Erst wenn die Aktie der Deutschen Bank bis Mitte März 2026 aus heutiger Sicht mehr als 24 Prozent verloren hat, geraten Anleger in die Verlustzone – dann nehmen sie 1:1 wie mit einem Indexzertifikat an der Kursentwicklung des Index teil.

Benjamin Feingold

Benjamin Feingold ist Mit-Gründer von Feingold Research. Feingold bringt als langjähriger Redakteur beim Börsenmagazin “Börse Online” und der Wirtschaftszeitung “Financial Times” mehr als 20 Jahre Börsenerfahrung  mit. Er ist in zahlreichen Medien als Experte gefragt. Er ist außerdem mit Robert Lang Autor von “Handeln mit Futures und Optionen”.